Barfen, aber wie?

Sie möchten gerne anfangen zu barfen und sind von den vielen unterschiedlichen Barf-Methoden überwältigt oder fühlen sich von der Flut an Informationen einfach überfordert?
Dieses Gefühl kann wohl nahezu jeder routinierte Rohfütterer nachempfinden, der oder die sich einmal an die eigene Anfangszeit zurück erinnert. Da wurden einem Zahlen, Daten und Fakten um die Ohren gehauen und die Meinung des einen zu gesunder Katzenernährung deckte sich nicht mit der Meinung des anderen. Fragen Sie zehn verschiedene Rohfütterer nach ihrer Barf-Methode und Sie erhalten zehn verschiedene Antworten darauf. Die einen schwören auf bewährte Rezepte, die anderen verwenden Fix-und Fertig-Mischungen oder jagen ganze Futtertiere durch den Fleischwolf, wieder andere konsultieren Barf-Software. Sie sehen, es gibt viele Möglichkeiten, eine Katze gesund zu ernähren.

Bei uns Menschen ist es ja nicht viel anders. Auch hier wird sich in unterschiedlichen Lagern darüber gestritten, welche Ernährungsform die gesündeste ist und wir müssen uns irgendwann entscheiden, wie wir unseren täglichen Ernährungsplan gestalten möchten. Da gibt es die Trennkost, die Rohkost, die Naturkost und die  Vollwertkost, die Mischkost, Hausmannskost, Ayurvedische Kost, Ernährung nach den 5 Elementen oder nach Bluttypen, Vegetarische und Vegane Kost, Low-Carb-Ernährung, Fertiggerichte usw. Jede dieser Ernährungformen vereint eigene Grundsätze und eine eigene Ernährungsphilosophie auf sich und jede hat einen anderen Denkansatz. Allen gemein ist jedoch, das sie uns Menschen, je nach dem mehr oder weniger optimal, mit Nahrung bzw. Nährstoffen versorgen, um das Überleben zu sichern.

Wenn wir uns nun, nach einigen grundsätzlichen Überlegungen, zu einer der o.g. Ernährungsformen für uns Menschen entschlossen haben, stellen wir unsere täglichen Mahlzeiten dann nach den neuesten Erkenntnissen der Gesellschaft für Ernährung zusammen oder kaufen uns vorab Fachliteratur über die Ernährung des Homo Sapiens, um miligram genau unsere Tagesrationen zu berechnen? Im Gegenteil folgen wir doch meist unseren allgemeinen Überlegungen zum Thema gesunde Ernährung des Menschen, unseren Gewohnheiten, unserem Gusto und hoffentlich unserem gesunden Menschenverstand, der uns sagen sollte, das ein Leben aus Dosen, Tüten und der Mikrowelle auch für einen Homo Sapiens nicht die Ernährung erster Wahl darstellen sollte, um gesund durchs Leben zu kommen. Sind nicht auch wir Säugetiere, so wie unsere Katzen?

Einfach anfangen?
Man hat Ihnen gesagt, dass Sie nicht so ohne weiteres Barf-Mahlzeiten zusammenstellen sollten und lieber erst einmal weiter Dosen- oder Tütenfutter füttern sollten, bis Sie sich „in die Materie eingearbeitet haben“? Sie haben nun Furcht „etwas falsch zu machen“ und gehen lieber wieder einen Schritt zurück, obgleich Sie guten Mutes und hochmotiviert an das Barfen herangehen wollten, um Ihre Samtpfote zukünftig gesünder zu ernähren? Das ist sehr schade, denn barfen ist nicht kompliziert und eine nahrhafte Barf-Mahlzeit kann von uns allen in der heimischen Küche zubereitet werden. Menschen füttern ihre Haustiere schon seit Jahrhunderten. Barfen heißt im Grunde nichts anderes, als Katzen mit Frischfleisch (mit oder ohne Knochenanteil) zu ernähren. Und um das Fleisch mit den nötigen Nährstoffen zu ergänzen, um ein ausgewogenes tägliches Futter zusammenzustellen, werden zusätzlich einige Zusätze, meist in Pulverform, mit unter das Fleisch gemischt. Mehr nicht.

Wie oft rechnen Sie Ihre Nährstoffbilanz während einer Woche aus?
Wieviele Bücher zur gesunden Ernährung von Menschen haben Sie in Ihrem Leben gelesen? Wie oft schlagen Sie in einschlägiger Fachliteratur oder Nährwerttabellen nach, wie viele Nährstoffe Sie Ihrem Körper mit dem einen oder anderen Lebensmittel zuführen und ob diese sich mit Ihren tatsächlichen Bedarfswerten decken? Wie häufig gleichen Sie Nährstoffdefizite, die z.B. über längere Lagerung eines Lebenmittels oder Überhitzung etc. entstehen könnten, mit synthetischen Vitaminmischungen aus, die Sie zuvor miligramm-genau ermittelt haben? Macht das überhaupt einen Sinn?

Aller Anfang ist bekanntlich schwer
Es ist oftmals schwierig für Einsteiger, die verschiedenen Fütterungsmethoden miteinander zu vergleichen, da Erfahrungswerte fehlen, aber auch unterschiedliche Denkansätze, Nährstoffdatenbanken, Bedarfstabellen, Rohstoffe usw. der jeweiligen Barf-Methode zu Grunde liegen. Es bleibt einem im Grunde nur, sich mit der Ernährung der Katze, deren Nährstoffbedarf und deren Stoffwechselbesonderheiten tiefergehend auseinander zu setzen, will man die einzelnen Barf-Methoden kritisch miteinander vergleichen und gegeneinander abwägen. Oder man verlässt sich einfach vertrauensvoll auf die eine oder andere bereits bewährte und erprobte Barf-Methode.

„Laßt unsere Nahrung so natürlich wie möglich sein“  wünscht sich Werner Kollath, ein berühmter Mediziner und Ernährungswissenschaftler. Dies sollten wir auch für den Ernährungsplan unserer Katzen versuchen zu realisieren. Und das ist nicht so kompliziert, wie es auf den ersten Blick vielleicht ausschauen mag.

Im übrigen spielt das Fleisch selbst, dessen Qualität und dessen Frische, die Hauptrolle bei der Zubereitung der Frischfleisch Mahlzeiten für unsere Stubentiger. Dies wird leider häufig vernachlässigt und auf die Fleisch-Qualität und Herkunft zu wenig Augenmerk gelegt. Die sogenannten „Supplemente“, die allzu oft im Vordergrund stehen, spielen nur eine Nebenrolle, denn Sie ergänzen die Mahlzeiten lediglich um einige wichtige Nährstoffe, die dann fehlen, wenn wir keine ganzen Beutetiere verfüttern können. Dennoch sollten Sie bemüht sein, diese Zutaten in der richtigen Menge zu verwenden, und auch in ebenso hochwertiger Qualität wie das Fleisch einzukaufen.

Basiswissen ist unerlässlich
Selbstverständlich sollten Sie den Nährstoffbedarf der Katze kennen und mit den Stoffwechselbesonderheiten der Katze… vertraut sein, wenn Sie Barf-Mahlzeiten in Eigenregie zusammenstellen. Sollten wissen, dass ein schieres Stück Fleisch keine vollwertige Katzenmahlzeit darstellt. Auch, dass Katzen einen besonders hohen, tierischen Proteingehalt im Futter benötigen, die wichtigen Mineralstoffe fehlen, wenn wir keine Knochen füttern, Katzen Vitamin D nicht unter UV-Licht-Bestrahlung bilden oder das Katzen vorgeformtes Vitamin A benötigen, da bei ihnen das erforderliche Enzym fehlt, um ß-Karotine zu spalten und deshalb dieses Vitamin mit tierischer Nahrung aufnehmen müssen (z.B. aus Leber), um nur ein paar Beispiele zu nennen. Diese Dinge hat man sich jedoch recht schnell angeeignet und in den täglichen Fütterungsalltag integriert. Auch, wieviel Gramm oder wie viele Teelöffel von dem einen oder anderen Zusatz man auf 1 kg Fleisch geben sollte, um eine ausgewogene Mahlzeit zusammenzustellen. Lassen Sie sich also nicht entmutigen und verfolgen Sie Ihr Ziel, Ihre Katze artgerecht zu ernähren, einfach zielstrebig weiter.

Barfen ist keine Wissenschaft
Um ein gesundes Katzenmenü auf Frischfleischbasis zuzubereiten, muss man einzelne Zusätze nicht milligramm genau abwiegen. Vor allem dann, wenn natürliche Zutaten verwendet werden macht dies nur bedingt einen Sinn, denn die Nährstoffprofile schwanken naturbedingt. Den vielleicht ersehnten, konstanten Zielwert wird man bei der Verwendung natürlicher Nahrungszusätze nicht erhalten. Da hilft auch die Berechnung über die Barf-Software nur eingeschränkt weiter. Wer schon einmal Produktdatenblätter studiert hat weiß, das natürliche Lebensmittel naturbedingt erheblichen Schwankungen unterliegen.

Vielmehr sollte eine ganzheitlichere Betrachtungsweise von Lebensmitteln die Basis bei der Zusammenstellung der Barf-Mahlzeiten darstellen. Um dies zu ermöglichen ist es sinnvoll, Lebens- bzw. Nahrungsmittel für unsere Katzen auszuwählen, die in ihrer Gesamtheit beurteilt werden können und viele native Nährstoffe im Verbund liefern. Synthetische Barf-Zusätze oder synthetische Vitaminmischungen sollten Sie wenn möglich vermeiden, wenn Sie Ihre Katze naturnah ernähren möchten. Und ob von dem einen oder anderen Pülverchen oder der einen oder anderen Zutat dann ein mg mehr oder weniger auf 1 kg Fleisch gegeben werden, ist nicht von allzu großer Bedeutung.

Wir wünschen Ihnen viel Freude bei der Zusammenstellung leckerer Barf-Mahlzeiten!

 

Autorin: Nicole Kipp-Meilwes